Samstag, 13. Februar 2021

ExChains: Ein Erfolg gegen die Welt der Konzerne

 


 

1.257 Arbeiter:innen erhalten beim H&M-Zulieferer Gokaldas Exports ihren Job zurück 

Es war ein achtmonatiger Kampf. Seit Juni 2020 stritten die 1.257 Beschäftigten des H&M-Zulieferers Gokaldas Exports in Srirangapatna südwestlich von Bangalore für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze. Das Unternehmen beabsichtigte die Corona-Pandemie zu nutzen, um den Standort zu schließen und die Fabrikgewerkschaft zu zerschlagen. Das Management schloss ohne Vorankündigung die Fabrik und transportierte alle Maschinen in einer Nacht- und Nebelaktion ab.

Nun war der Kampf der Beschäftigten und ihrer Gewerkschaft GATWU erfolgreich. Die Gewerkschaft und das Management unterzeichneten ein Abkommen, das die Wiedereinstellung aller gekündigten Arbeiter:innen vorsieht. Außerdem wird die Gewerkschaft GATWU als Vertreterin der Beschäftigten in den anderen Standorten des Unternehmens anerkannt, wenn eine:r von fünf Arbeiter:innen Gewerkschaftsmitglied ist. Das Abkommen ist ein großer Erfolg: damit wurde in der Bekleidungsindustrie Bangalores GATWU als Verhandlungspartnerin anerkannt und die Beschäftigten haben ihre Forderung erreicht.

 
Solidarität forever – Arbeiter:innen gemeinsam in Produktion und Verkauf

Möglich war dieser Erfolg durch die Hartnäckigkeit der Arbeiter:innen vor Ort. Sie protestierten Tag und Nacht über mehrere Monate hinweg. Sie kampierten vor dem Werkstor und organisierten Demonstrationen. Gleichzeitig mobilisierte GATWU internationale Unterstützung von ver.di Fachbereich Handel, den gewerkschaftlich aktiven Kolleg:innen bei H&M und unter den Betriebsräten. GATWU holte auch den globalen Gewerkschaftsverband IndustriAll mit ins Boot, der ein globales Rahmenabkommen mit dem schwedischen Konzern unterhält.

Doch schnell wurde klar, dass sich die Arbeiter:innen nur auf ihre Solidarität untereinander und entlang der Wertschöpfungskette verlassen können: H&M verweigerte trotz des Rahmenabkommens jegliche ernsthafte Unterstützung in der Auseinandersetzung. Schlimmer noch: das Unternehmen plante die Gewerkschaft vor Ort zu hintergehen, indem H&M eine eigene Befragung anstellen wollte, anstatt mit den Beschäftigten und ihren Gewerkschaftsvertreter:innen zu verhandeln.

 
Neue Verbindungen zwischen Beschäftigten

Die Zusammenarbeit der Gewerkschaft vor Ort mit ver.di Fachbereich Handel und den Betriebsrät:innen bei H&M ging über bisherige Formen der Unterstützung hinaus. Durch Video- Live-Streams in sozialen Medien und durch von den Beschäftigten vor Ort produzierte Kurzvideos entstanden neue Verbindungen zwischen den Aktiven in Deutschland und in Indien. Dies ermöglichte es den Gewerkschafter:innen, Betriebsrät:innen und Beschäftigten in Deutschland mit Statements, Fotoaktionen und in direkten Verhandlungen mit dem Management von H&M Druck aufzubauen, um GATWU vor Ort zu unterstützen. Diese Verbindungen beruhten auf dem andauernden Kampf und der Mobilisierung der Arbeiter:innen vor Ort. Diese lieferten nicht bloß Informationen über die Lage, sondern berichteten von ihrem Kampf, den die Beschäftigten hier unterstützen und erfahren konnten.

 
Unsere Welt statt einer Welt der Konzerne

Der Arbeitskampf und der Abschluss des Abkommens haben eine große Bedeutung. Bislang werden Konflikte in der globalen Bekleidungsindustrie oft zu den Bedingungen der transnationalen Konzerne ausgetragen. Sie erkennen zu einem gewissen Grad ihre Verantwortung für die Arbeitsbedingungen bei ihren Zulieferern an und reagieren auf die Kritik von Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen. Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen verbleiben in einem solchen Setting aber in der Rolle der Mahnerinnen, während die Konzerne weiterhin entscheiden, was passiert und wie eine Lösung aussehen soll. Die Machtverhältnisse entlang der Zulieferkette bleiben dabei intakt und das Geschäftsmodell der Konzerne bleibt bestehen. Das Transnational Institute, ein internationales Netzwerk von Forscher:innen aus der ganzen Welt, hat dafür den Begriff Multistakeholderism geprägt. Die Konzerne binden ihre Kritiker:innen ein, um am Steuer zu bleiben. Dieser Trend lässt sich in vielen Branchen ausmachen.

Der Arbeitskampf bei Gokaldas Exports und die internationale Solidarität haben gezeigt, dass es Alternativen zur Welt der Konzerne gibt. Eine Zusammenarbeit der Beschäftigten entlang der Wertschöpfungskette, die verankert ist in einer starken gewerkschaftlichen Mobilisierung vor Ort, ermöglicht es die Auseinandersetzungen in der Sprache der Arbeiter:innen zu formulieren und eigene Forderungen zu stellen und diese auch durchzusetzen. Die Arbeiter:innen haben sich ihre Verbesserungen selbst erkämpft und erfahren, dass sie dazu in der Lage sind. Davor haben die H&Ms dieser Welt mehr Angst als vor allem Anderen.

Dienstag, 9. Februar 2021

H&M - Kein Herz für Mütter!


 

Wer in den vergangenen zwei Wochen die Medien verfolgt hat, wird mit großer Wahrscheinlichkeit über den von H&M losgetreten Shitstorm gestolpert sein. Anfang Januar wurde die Presse auf die aktuelle Protestwelle der vergangenen Tage aufmerksam und stellte folgendes fest: 

 

H&M DISKRIMINIERT seine vorwiegend weiblich Beschäftigten - vor allem Mütter!

 

Am 26. Januar deckte der „Business Insider“ bereits auf, dass der Modegigant ein sogenanntes „Freiwilligenprogramm“ seinen Beschäftigten anbietet, welches allerdings vorwiegend an diejenigen adressiert ist, die nicht zu den angeblich umsatzstarken Zeiten in den Filialen arbeiten können - wie Mütter und Schwerbehinderte. Dieses berichtete „Die Zeit“ und der „Spiegel“ fast zeitgleich.Sogar Fernsehbeiträge wurden in der Zwischenzeit ausgestrahlt und berichteten über die aktuelle Empörungswelle, welche seither immer größer wurde. 

 

Auch in den Parteien sorgte dieses unsoziale Verhalten von H&M für großes Entsetzen, welches von der SPD, Grünen und der Linken bisher scharf kritisiert wurde. Die Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag (Amira Mohamed Ali) sagte zu „Business Insider“ folgendes: „Das Verhalten des H&M-Managements ist indiskutabel, skrupellos und ohne jede soziale Verantwortung für die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Eine solche Unternehmenspolitik muss öffentlich angeprangert werden.“ 

 

Anfang Februar fanden auch erste Protestaktionen vor betroffenen H&M Filialen - in Würzburgund Nürnberg - statt, wo die Beschäftigten deutlich signalisierten: Hände weg von unseren Arbeitsplätzen! 

 

All das vermag für den ein oder anderen Außenstehenden möglichweise schockierend sein, da sich H&M in der Öffentlichkeit gerne als ein „gerechterArbeitgeber“ präsentiert. Doch der Schein trügt! Für viele Beschäftigte sieht die Realität hinter den Kulissen in der H&M-Welt leider anders aus. Bereits vor der ersten Adventwoche des vergangenen Jahres teilte H&M mit, dass in Deutschland 800 Mitarbeiter*innen das Unternehmen zu verlassen haben - aufgrund des sich verändernden Kundenverhaltens und der Digitalisierung. 


Der riesige Modegigant zeigt sich wie so oft vonseiner „Schokoladenseite“, denn vorrangig betroffen von dieser Massenentlassungswelle sind vorwiegend Mütter und Schwerbehinderte, welche auf sozial- und gesundheitsverträgliche Arbeitszeiten angewiesen sind. Grund hierfür ist mal wieder, dass H&M den Trend zur Digitalisierung verschlafen hat und nun seine selbst herbei geführte missliche Lage auf den Rücken derer abwälzen will,welche das Unternehmen groß gemacht haben - und das von Anfang an! 

 

Das ist die „feine“ Art von H&M seinen Beschäftigten für jahrelanger Unternehmenszugehörigkeit zu danken und diese nun für die zu spät begonnene Neuausrichtung bezahlen zu lassen. Die H&M-Bundestarifkommission(BTK) von ver.di lehnt dieses sogenannte „freiwillige“ Programm ab und fordert Beschäftigungssicherung statt Arbeitsplatzabbau. 

 

Die H&M BTK von ver.di forderte bereits am 21. Juli 2020 Thorsten Mindermann zur Aufnahme von Verhandlungen über einen Digitalisierungstarifvertrag auf, um den technologischen Wandel gemeinsam mit der Beteiligung der Beschäftigten zu gestalten - für gute Arbeit mit Zukunft! 

 

Mehrmals wurde Thorsten Mindermann dieses Angebot unterbreitet und bis heute ignoriert er dieses in Gänze. Auch die aktuelle Diskriminierungswelle scheint ihn wenig zu beeindrucken, denn bisher äußert sich der Deutschlandchef hierzu nicht und weigert sich seiner sozialen Verantwortung nachzukommen. 

 

 „Wir haben uns dazu verpflichtet, einen sicheren und attraktiven Arbeitsort zu schaffen, an dem alle gewürdigt, geschätzt und mit Respekt behandelt werden.“ 

 

 Wenn dem so ist, dann soll H&M sein öffentliches Versprechen einhalten und für soziale Standards sorgen - mit einem Digitalisierungstarifvertrag und mit den Beschäftigten! 

 

Wir halten weiterhin an unserer Forderung fest, denn dies ist der einzige richtige Weg.  Wenn auch Du für „Gute Arbeit mit Zukunft“ stehst und uns unterstützen willst, dann gehe 

 

hier zu unserer Online-Petition. 

Hier kannst Du Mitglied werden.


 

Quellen:

"Skrupellos“: Spitzenpolitiker entsetzt über Verhalten von H&M -Business Insider

Inside H&M: Konzern will Mitarbeiter nach Elternzeit loswerden -Business Insider

Hennes & Mauritz: H&M will 800 Mitarbeiter entlassen –offenbar vor allem Mütter |ZEIT ONLINE

DER SPIEGEL | Online-Nachrichten

Will H&M primär Mütter in Elternzeit loswerden? –"ein Vorgang mit fadem Beigeschmack" (t-online.de)

Junge Mütter im Fokus: H&M will Personal loswerden -n-tv.de (n-tv.de)

H&M streicht Stellen: Modekette will vorrangig Mütter entlassen (rtl.de)

H&M will Mütter entlassen -Das Netz tobt: "Verantwortungslos und dreist" (rtl.de)

Mütter werden aussortiert: Wie H&M Arbeitnehmer*innenrechte mit Füßen tritt (editionf.com)

"Skrupellos“: Spitzenpolitikerentsetzt über Verhalten von H&M -Business Insider

Junge Mütter sollen entlassen werden: Linke kritisiert H&M scharf -Wirtschaft -nordbayern.de

ver.di –01/2021 Stellenabbau H&M Karolinenstraße

Klasse Gegen Klasse -Mutter sein: Für H&M ein Kündigungsgrund

Mütter werden aussortiert: H&M will 800 Kollegen/-innen entlassen -info-welt.eu (info-welt.eu)

DER SPIEGEL| Online-Nachrichten

H&M droht in interner Mitarbeiter-Mail: „Kündigung nächster Schritt“ -Business Insider

30.01.2021: H & M kennt keine Gnade (Tageszeitung junge Welt)

H&M: Mobbing, Hass und Hetze -Mitarbeiter berichten von unhaltbaren Zuständen -FOCUS Online

Mast kritisiert H&M für Freiwilligenprogramm bei Stellenabbau (fashionunited.de)

Nach Elternzeit: H&M will junge Mütter auf die Straße setzen -Fraktion DIE LINKE. im Bundestag (linksfraktion.de)

H&M: H&M sortiert aus | ZEIT Arbeit

H&M: Arbeitslosigkeit und Altersarmut nach 27 Jahren Betriebszugehörigkeit? | arbeitsunrecht in deutschland
 

Wut und Enttäuschung: H&M-Mitarbeiter demonstrieren gegen Stellenabbau -Nürnberg -nordbayern.de2Unser Arbeitsplatz (hm.com)

Freitag, 5. Februar 2021

Kein »freiwilliger« Abbau von sozialen Standards bei H&M!

 


Unmittelbar vor der ersten Adventwoche konntest du es überall in den Medien lesen – die Deutsche Presseagentur meldete:

Bei der Modekette H&M stehen in Deutschland Hunderte von Stellen auf der Kippe. H&M Deutschland befinde sich »derzeit im Dialog mit den zuständigen Mitbestimmungsgremien über den Abbau von rund 800 Arbeitsplätzen«, teilte das Unternehmen am Freitag mit. Auch weitere Schließungen von Filialen seien nicht ausge- schlossen. Die Einzelhandelsbranche befinde sich aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung und des veränderten Verhaltens der Verbraucher in einem tiefgreifenden Wandel, hieß es zur Begründung. Die Corona-Pandemie habe dies noch weiter beschleunigt. H&M habe »die not- wendigen schrittweisen Maßnahmen zur Erhal- tung der Wettbewerbsfähigkeit ergriffen«. Das Unternehmen hoffe auf eine rasche Einigung mit den Betriebsräten. 

Wie diese Einigung mit den Betriebsräten aussehen soll, zeigt sich jetzt: H&M will ein so genanntes »Frei- willigenprogramm« zum Personalabbau abschließen. 

 

WEN ES ZUERST TREFFEN SOLL... 

 

Ein Blick in die von H&M vorgelegten Entwürfe zu einer »Freiwilligenvereinbarung« zeigt, an wen sich das »großzügige Angebot« richtet, das Unternehmen zu verlassen: An die Beschäftigten, die nicht an den umsatzstarken Tages- bzw. Abendzeiten sowie an der größtmöglichen Anzahl von Samstagen arbeiten. Das heißt: H&M will insbesondere Beschäftigte mit Kindern oder schwer behinderte Kolleg*innen loswerden, die auf sozial- und gesundheitsverträgliche Arbeitszeiten angewiesen sind. Und das alles unter dem Deckmantel von »Digitalisierung« und »verändertem Kundenver- halten«. 

 

DEINE BUNDESTARIFKOMMISSION SAGT DESHALB NEIN ZU SOLCHEN »FREIWILLIGENPROGRAMMEN«!  


Das »Freiwilligenprogramm«, das H&M mit den Betriebs- räten abzuschließen hofft, baut soziale Standards ab. Vereinbarkeit von Familie und Beruf betrifft insbesondere junge Frauen. Frauen mit betreuungspflichtigen Kindern werden mittelbar diskriminiert, wenn sie nur deshalb H&M verlassen sollen, weil sie auf famili- enfreundliche Arbeitszeiten angewiesen sind.

 

UND WAS BRINGT DIR DAS PROGRAMM, WENN DU ZU DEN ÜBRIG GEBLIEBENEN BESCHÄFTIGTEN IN DEINER FILIALE GEHÖRST?



Krankmachende Arbeitsverdichtung
Wenn Personal abgebaut wird, bedeutet das nichts anderes, als dass Dein Arbeitsvolumen erhöht wird. Leistungsdruck gehört aber bereits jetzt zu den we- sentlichen gesundheitlichen Belastungen bei Deiner Arbeit!


Arbeiten zu sozial ungünstigen Zeiten
Wenn Personal abgebaut wird, bedeutet das nichts anderes, als dass Deine Arbeitsstunden noch flexibler an den Umsatz angepasst werden und Du damit ver- mehrt abends und an den Wochenenden arbeiten musst!


Urlaubsplanung im Interesse des Unternehmens 
Wenn Personal abgebaut wird, bedeutet das nichts anderes, als dass die von Dir gewünschten Urlaubs- zeiten nur noch eingeschränkt von H&M genehmigt werden – es geht dann in die Richtung »kapazitäts- orientierte Urlaubsplanung«. 


Vertragsstrukturen, die nicht zum Leben reichen 
Wenn Personal abgebaut und Arbeitszeiten flexibili- siert werden, so bedeutet das nichts anderes, als dass Du in eine ungewollte Teilzeit gedrängt wirst und es kaum noch Möglichkeiten gibt, in Vollzeit zu arbeiten.

 

SO ALSO SEHEN DIE ANTWORTEN VON H&M AUF DIGITALISIERUNG UND VERÄNDERTES KUNDENVERHALTEN AUS! 

 

Wenn Du keinen »freiwilligen« Abbau von sozialen Standards bei H&M willst, sondern stattdessen Gute Arbeit mit Zukunft, dann hilft nur eines: ein Digitali- sierungstarifvertrag!

Nur ein Digitalisierungstarifvertrag beteiligt Dich am Umstrukturierungsprozess von H&M so, dass soziale Standard aus- statt abgebaut werden. Und davon profitiert letztlich sogar das Unternehmen selbst: Nur durch Deine Beteiligung an Veränderungsprozessen kann H&M wettbewerbsfähig bleiben, nicht dadurch, dass Du und Deine Kolleg*innen aus dem Unterneh- men rausgedrängt werden. 

 

Hier geht es zur ONLINE-PETITION

Hier kannst Du Mitglied werden