Am 26.02. wurde erfolgreich ein Wahlvorstand für das Nürnberger Kundencenter von H&M, der Hennes & Mauritz Online Shop AB & Co. KG, gewählt!
Rückblick: Das Nürnberger Kundencenter erlangte im Oktober vergangenen Jahres erstmals zweifelhafte Bekanntheit und Medienpräsenz, als Mitarbeiter auf internen Servern Datenordner mit privaten Informationen entdeckten. Es handelte sich um Einträge zu Krankheiten, Eheproblemen und sonstige privaten Umstände der Beschäftigten. Teamleiter hatten diese Informationen durch persönliche Gespräche, oder in Raucherpausen erhalten. Anschließend wurden eben diese intimen Infos entgegen allen gesetzlichen Regelungen und moralischen Grenzen zusammengetragen und in Datenordern mit einer Größenordnung von insgesamt 60 GB archiviert.
Am vergangenen Mittwoch lud daraufhin die Gewerkschaft ver.di zu einer Veranstaltung zur Gründung eines Wahlvorstandes ins Nürnberger Maritim Hotel ein. Dass von den ca. 700 H&M-Beschäftigten über 400 diesen Termin wahrgenommen haben, ist ein klares Indiz dafür, dass die Belegschaft die Zeichen der Zeit erkannt hat, und sich einen Betriebsrat wünscht.
Teamleiter versuchten Wahl zu behindern
Während der Veranstaltung kam es zu mehreren Zwischenfällen: Unter anderem verschaffte sich eine leitende Angestellte Zugang zu der Veranstaltung, sie wurde prompt wieder freundlich hinausbegleitet. Einige Führungskräfte versuchten mit Zwischenrufen, oder dem Anfachen von Diskussionen den ordentlichen Ablauf der Wahl immer wieder zu stören. Nachdem die Wahlstimmen ordnungsgemäß ausgezählt wurden, standen die Wahlergebnisse fest: über 80% der Anwesenden haben sich für den Wahlvorstand und damit für einen Betriebsrat entschieden! Daraufhin hasteten einige Personen aus dem Kreis der Teamleiter in Richtung Bühne und versuchten, die Belegschaft noch einmal zu verunsichern. Danach kam es zu weiteren hektischen Diskussionen, wovon sich die Mitarbeiter*innen allerdings nicht beeindrucken ließen.
Scheinbar lernt man bei H&M nichts aus den gewaltigen Fehlern, die in jüngster Vergangenheit gemacht wurden. Unserer Meinung nach sollten sich insbesondere Teamleiter nach der brisanten Vorgeschichte im Zusammenhang mit der systematischen Bespitzelung von Mitarbeitern vornehm zurückhalten, anstatt mit verzweifelten und plumpen Aktionen die Wahl eines zukünftigen Betriebsrats behindern zu wollen.
Die Gewerkschaft ver.di möchte sich an dieser Stelle noch einmal bei allen H&M-Beschäftigten bedanken, die sich an diesem Tag die Zeit genommen haben, an der Wahl teilzunehmen! Ihr habt mit Eurer Anwesenheit deutlich gemacht, dass Ihr es für notwendig haltet, eine Mitarbeitervertretung zu wählen um Eure Rechte als Arbeitnehmer wahrzunehmen und durchzusetzen! Wir freuen uns auf eine konstruktive Zusammenarbeit!
Ende vergangenen Jahres berichteten wir erstmals (hier) darüber, dass H&M systematisch seine Belegschaft bespitzelt. Es wurden insgesamt über 60GB Daten auf einem Server der Nürnberger Kundenzentrale entdeckt. Die pikanten Informationen über beispielsweise Erkrankungen, oder Eheproblemen protokollierten zuvor Teamleiter und andere Vorgesetzte aus Privatgesprächen und Raucherpausen. Mittlerweile wurde ein Bußgeldverfahren gegen den schwedischen Modekonzern eingeleitet.
Unsouverän und ablehnend Genau zu diesen Vorfällen wurde nun die neue Vorstandsvorsitzende von H&M, Helena Helmersson von einem schwedischen Fernsehteam befragt. Sie hätte die Möglichkeit gehabt, sich für die Angelegenheit bei den Mitarbeitern zu entschuldigen. Sie hätte etwas zur schnellen Aufklärung beitragen können. Sie hätte offen auf unbequeme, aber längst überfällige Fragen antworten können. All dies tat sie nicht.
Mit teilnahmsloser Mine hörte sie sich die gestellten Fragen an, und machte sich erst gar keine Mühe ihre ablehnende Haltung hierzu auch nur halbwegs zu verstecken.
„Besprechen Sie das bitte mit anderen.“
H&M gab zuvor an, dass es sich um einen Irrtum handeln würde. Der Reporter fragt Helmersson „Besteht der Irrtum beim Durchsickern, oder beim Einsammeln von Informationen?" Sie antwortet: „Das war wirklich unglücklich“. Als der Reporter konkret nachhakt reagiert Helmersson mit „Besprechen Sie das bitte mit anderen. Ich kenne nicht alle Details.“.
Die Vorstandsvorsitzende kennt bei dem größten bekannten Datenskandal der letzten Jahre nicht alle Details? Wer ist denn der richtige Ansprechpartner an dieser Stelle? Souverän und offene Kommunikation geht anders. Reporter: „Finden Sie, dass große Personalakten eingesammelt werden sollen, die sensible Daten über Krankheiten, Menstruationszyklen usw enthalten?" Helmersson: „Ich finde es sehr schwierig, die Sache an sich zu diskutieren. Selbstverständlich sollten wir aber alle Regeln befolgen damit die Kunden und unsere Angestellten das Gefühl haben, dass wir Daten sicher handhaben.“
Keine Spur von Reue Nein, Frau Helmersson, es ist nicht schwierig, diese Sache zu diskutieren, wenn man nichts zu verstecken hat, und offen und ehrlich zu seiner Belegschaft steht! Auf die Frage, ob H&M Daten über beispielsweise Krankschreibungen, Schwangerschaften und Familienberatungen der Mitarbeiter*innen einsammeln sollte, antwortet Helmersson „Das hört sich sehr komisch an […] Die geltenden Regeln zu befolgen ist für uns superwichtig“ Das ganze Interview ist eine Farce. Frau Helmersson hat mit ihrer ablehnenden und ausweichenden Haltung die ganze Situation nur noch schlimmer gemacht, als sie ohnehin schon ist. Besser hätte man seine Abneigung und geringe Wertschätzung der Belegschaft gegenüber nicht demonstrieren können. Das Einzige, was dieser Frau leid tut, ist, dass der ganze Spionage-Wahnsinn bei H&M öffentlich geworden ist.
Die versprochene, umfangreiche Aufforstung der Vorfälle findet kaum statt, im Nürnberger Kundenzentrum herscht ein „Klima der Angst" hört man von Kollegen*innen - von Reue und Anstand ist bei Frau Helmersson und dem dazugehörigen Konzern keine Spur!