Samstag, 9. Mai 2020
Beschämend: H&M Belegschaft sammelt Geld, weil Geschäftsleitung Anwalt nicht bezahlt!
H&M und die Kosten: Des Kaisers neue Kleider
Jeder von uns kennt wahrscheinlich das Märchen „Des Kaisers neue Kleider" von Hans-Christian Andersen:
Vor vielen Jahren lebte ein Kaiser, der so ungeheuer viel auf neue Kleider hielt, dass er all sein Geld dafür ausgab, um recht geputzt zu sein. Er kümmerte sich nicht um seine Soldaten, kümmerte sich nicht um Theater und liebte es nicht, in den Wald zu fahren, außer um seine neuen Kleider zu zeigen. Er hatte einen Rock für jede Stunde des Tages, und ebenso wie man von einem König sagte, er ist im Rat, so sagte man hier immer: „Der Kaiser ist in der Garderobe!“
Unweigerlich denken wir bei dieser Geschichte derzeit an den H&M-Manager Thorsten Mindermann (siehe Foto). Es verdichtet sich der Eindruck: Er kümmert sich nicht um seine Mitarbeiter und er kümmert sich nicht um ihr Wohlergehen, er kümmert sich allein um die Kleider, die er in seinen Läden verkaufen will; weitere Kosten sind ihm ein Graus, insbesondere, wenn es um Betriebsratsarbeit geht.
Nun erreichte uns eine Schilderung aus einer Filiale, die unglaublich klingen mag, sich aber tatsächlich in der Realität abgespielt hat. Was die folgende Geschichte märchenhaft macht, ist das bezaubernde Ende.
Die Beteiligung der Beschäftigten in betrieblichen Angelegenheiten ist Ausdruck des Sozialstaatsprinzips und Teil der Entscheidungskultur in den Betrieben, heißt es ganz aktuell von der Bundesregierung. Innerbetriebliche Demokratie ist wertvoll und deshalb kostet sie. Wer in Deutschland Geld verdienen will, der muss aus diesem Grund als Arbeitgeber die durch die Betriebsratsarbeit entstehenden Kosten tragen.
„Wir waren eine der Filialen, die Verhandlungen zu einer Betriebsvereinbarung nicht an den Gesamtbetriebsrat abgegeben hat, wollten also mit unseren Storemanagern und unserem Rechtsbeistand eine eigene Betriebsvereinbarung zu dem Thema aushandeln. Wir wurden lange von der Geschäftsleitung mit dem Argument hingehalten, dass der Gesamtbetriebsrat ja bereits mit der Geschäftsleitung verhandeln würde. Auf mehrfaches Nachfragen bei Vorgesetzten von unserer Seite zum Thema KuG (Kurzarbeitergeld) wurde gar nicht reagiert, das hat sich alles lange hingezogen. Als die Rahmenvereinbarung vom Gesamtbetriebsrat zum KuG fertig war, sind unsere Storemanager mit diesem Entwurf an uns herangetreten und haben gleichzeitig mitgeteilt, dass dieser fertig sei - hier könnte von unserer Seite nichts mehr geändert werden.
Da wir als Betriebsräte keine Juristen sind, wollten wir uns mit unserem Rechtsanwalt über diese Rahmenvereinbarung beraten. Zuvor hieß es, dass sich Betriebsräte, die die Verhandlungen nicht an den Gesamtbetriebsrat übertragen, rechtlich beraten lassen können. Am Ende wollte unsere Geschäftsleitung uns als Betriebsrat jedoch keinen Rechtsanwalt zur Verfügung stellen, da eine Gesamtbetriebsvereinbarung bereits ausgehandelt sei - diese wollten wir so nicht unterschreiben, weil wir eben selber für unsere Filiale verhandeln wollten.
Geschäftsleitung versucht Betriebsräte zu erpressen und Druck durch Belegschaft auszuüben
Einige Tage später wurde versucht über unsere Belegschaft (Kollegen*innen wurden einzeln angerufen) massiven Druck auf den Betriebsrat auszuüben, da man es so aussehen lassen wollte, als würde der Betriebsrat die Sache unnötig hinauszögern. Alle anderen Gremien hätten bereits unterschrieben, wir wären zusammen mit einem anderen Store die Einzigen, die nicht unterzeichnet hätten und somit eins dieser zwei Häuser, die nicht am Montag öffnen können. Ob wir überhaupt nochmal öffnen, wurde als fraglich hingestellt.
Daraufhin sind wir auf unsere Kollegen*innen zugegangen, haben den Sachverhalt erklärt und klargestellt, dass unser Arbeitgeber nicht bereit ist, unseren Rechtsanwalt zu bezahlen. Gleichzeitig haben wir dcie Belegschaft darüber informiert, dass wir bei der Besprechung der Betriebsvereinbarung zum KuG von unserem Arbeitgeber damit erpresst wurden, dass insofern wir diese nicht unterzeichnen, unsere Werkstudenten kein KuG bekommen würden.
Belegschaft sammelt Geld für Anwaltskosten
Ohne lange darüber nachzudenken waren sich unsere Kollegen*innen nach einem kurzen Austausch einig, dass gehandelt werden muss. So wurde die Idee geboren, dass wir als Belegschaft für unseren Anwalt das Geld zusammengelegen. Unsere Kollegen*innen wollten somit unterstützen, es war ihnen wichtig, dass wir in diesem Zusammenhang Rücksprache mit einem Anwalt halten konnten. Wir sollten eine Betriebsvereinbarung nicht „blind” unterschreiben, sondern mit einem Rechtsbeistand überarbeiten können.
Unser Anwalt wurde vorerst also von unserer Belegschaft bezahlt. Als wir ihn später anriefen und ihm davon berichteten (wir waren total gerührt von dieser Aktion unserer Kollegen*innen), war er darüber ziemlich fassungslos, was das denn hier für Bedingungen seien, dass unser Team seine Kosten begleichen muss, anstatt unseres Arbeitgebers. Er hat sich daraufhin auch erstmal überlegt, ob das so ginge, ob man oder besser gesagt er das so annehmen darf.
So hat sich das in unserem Store abgespielt."*
*Anm. d. Red.: Der Anwalt hat verlauten lassen, dass er die Zahlung der Belegschaft so nicht annehmen wird, das Geld wird für wohltätige Zwecke gespendet werden.
Wie am Ende des Märchens steht er nun nackig da, der Kaiser! Diesmal war es nicht ein kleines Kind, diesmal sind es erwachsene Kolleginnen und Kollegen, die auf ihm zeigen und rufen: „Aber er hat ja gar nichts an!“
Und die Moral von der Geschicht: Wir brauchen einen Kaiser nicht! Uns aus dem Elend zu erlösen können wir nur selber tun!
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