Samstag, 14. November 2020

H&M GBA Info: Zum Statement des AG „Räteversammlung 2020“







 



Liebe Kolleg*innen,

die so genannte „Info“ des Labour Relations-Teams mit dem Titel „Räteversammlung 2020: Eine neue Zeit ist angebrochen“ enthält so viele Behauptungen, die die Realität verzerren, dass wir uns genötigt sehen, abermals für Aufklärung zu sorgen.

Falls noch nicht bekannt, hier erneut der Versuch einer kleinen geschichtlichen Einordnung der Forderung nach einem Digitalisierungstarifvertrag (nicht vollständig, nur ein kurzer Abriss, um eure Geduld nicht zu strapazieren):

- Seit der Bekanntgabe des Beginns der ersten Schließungswelle 2017 fordert der GBR den Arbeitgeber zu der „Übernahme sozialer Verantwortung“ auf (insbesondere bezogen auf die Übernahme von Kolleg*innen aus den betroffenen Filialen).

- Der GBR versucht abzuwenden, dass jede Filiale von H&M für sich „abgewickelt“ wird und erklärt sich für Verhandlungen eines deutschlandweiten Interessenausgleichs und Sozialplans für Schließungsfilialen zuständig, kam allerdings in der Einigungsstelle nicht weiter, weil H&M behauptet, es gäbe kein einheitliches unternehmerisches Konzept.

- Das Versagen von H&M bei der Übernahme von sozialer Verantwortung wird immer deutlicher, nicht zuletzt in der Weigerung, die Kolleg*innen aus Schließungsfilialen bevorzugt zu behandeln und sie bei freien Jobs in andere, unter anderem auch neu zu eröffnende, Filialen in der Nähe der Schließungsfilialen, zu übernehmen.

- Im Januar 2019 wird deshalb die Forderung nach einem Sozialtarifvertrag mit ver.di zur Beschäftigungssicherung durch den GBR erstmals formuliert.

- Im Rahmen des Projekts „ver.di verbindet“ erkennt der GBR, dass die Forderung nicht nur Beschäftigungssicherung enthalten muss. Es entsteht somit die Forderung nach einem „Digitalisierungstarifvertrag“.

- Im Januar 2020 fordert ver.di im Rahmen eines Spitzengesprächs H&M offiziell zu Verhandlungen über einen Digitalisierungs- tarifvertrag auf.

- Im Februar 2020 legt H&M dem GBR den „Digitalpakt“ vor und behauptet, in diesem wäre alles enthalten, was den Umsatz sichert. H&M will einzig und allein darüber und auch nur mit dem GBR verhandeln ( „Digitalpakt“: Kerninhalt ist die faktische Abschaffung und Aufweichung der Mitbestimmung des GBR im Rahmen der Einführung technischer Systeme).

Was für Verhandlungen hat der GBR abgebrochen?

Er hat Verhandlungen zu einer Rahmenvereinbarung abgebrochen, die ihm sämtliche Mitbestimmung zur Einführung technischer Systeme nehmen will. Das ist die einzige Antwort, die H&M auf unsere Forderung nach der Übernahme sozialer Verantwortung für uns hat.

Und auch an dieser Stelle erneut: Der GBR steht nicht für den Ausverkauf von Mitbestimmungsrechten zur Verfügung! Die bisher gesammelten Erfahrungen zeigen, dass Mitbestimmung vielmehr erweitert werden muss! Denn leider führt H&M zu der Frage der Beschäftigungssicherung in der Endlosschleife nur Folgendes an:

„Soziale Verantwortung übernehmen wir, indem Umsatz generiert wird und der führt zu Beschäftigungssicherung“.

Sozial ist aber nicht, was Arbeit schafft! Sozial ist, was gute Arbeit mit Zukunft schafft! Deshalb fragen wir uns, welche Art von Beschäftigung H&M genau „sichern“ will, wenn der Umsatz der EINZIGE zu setzende Rahmen ist?

Da hilft vielleicht ein Blick in die gar nicht so ferne Vergangenheit, als es so etwas wie Gewerkschaften, Tarifverträge und Gesetze zum Schutz der Interessen der Beschäftigten und ihrer Mitbestimmung nicht gegeben hat, und die Arbeitgeber ihr gesamtes Streben auf die Erreichung von Umsatz fokussieren konnten.

Verbildlicht sah das ungefähr so aus: (Bild "Die guten, alten Zeiten")

Wollen wir da wieder hin? Nein. Das wollen wir nicht!

Bemühungen in progressiven Parteien sehen im Zuge der Digitalisierung die Notwendigkeit der Erweiterung der Mitbestimmung, nicht ihre Aufweichung. Zum Beispiel, wenn es darum geht, Digitalisierung als eine grundlegendende Betriebsänderung zu verstehen. Der GBR befindet sich diesbezüglich gerade in einer Einigungsstelle.

Arbeitnehmerinteressen müssen geschützt werden. Auch und gerade in solchen Umbruchzeiten wie dem Zeitalter der Digitalisierung. Und genau das soll mittels eines Digitalisierungstarifvertrags erreicht werden.

H&M will nun diese für uns Arbeitnehmer*innen bei H&M so wichtigen Verhandlungen auf den HDE, den Arbeitgeberverband, abschieben. H&M behauptet, dass dadurch für die gesamte Branche „Standards“ entwickelt werden sollen.

Nur muss H&M dann auch sagen, wofür dieser HDE steht. Für soziale Standards in der Branche? Leider Nein!

Der HDE hat mehrere Versuche von ver.di, für die Branche soziale Standards zu schaffen (z.B. einen Branchenmindestlohn zu tarifieren, bevor der gesetzliche Mindestlohn kam), abgelehnt. Auch bei der Frage zu einem Tarifvertrag für Gute & Gesunde Arbeit haben die regionalen Verbände des HDE (in Bayern und NRW) das Vorhaben blockiert, nachdem sehr lange und intensiv dazu mit ver.di verhandelt wurde. Der HDE befördert nach wie vor Tarifflucht mit den oT*-Mitgliedschaften, zuletzt durch die Aufnahme von Amazon als oT*-Mitglied im HDE im Januar dieses Jahres. Zudem greift der HDE mit allen Mitteln den arbeitsfreien Sonntag an. Er blockiert vehement die Allgemeinverbindlichkeit der Tarifverträge. Und last but not least: In der Corona-Krise stach der HDE mit einer kompromisslosen Haltung beim Thema Kurzarbeitergeld hervor - eine deutschlandweite Aufstockung des Kurzarbeitergeldes mit Hilfe eines für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrags zur Kurzarbeit war mit diesem HDE nicht möglich!

Mit einem solchen Arbeitgeberverband ist es für uns nur schwer vorstellbar, soziale Standards für eine Digitalisierung zu setzen. Deshalb setzen wir auf direkte Verhandlungen zwischen H&M und ver.di!

Ein Digitalisierungstarifvertrag für unser Unternehmen muss her! Und zwar schnell.

Wir wollen euch heute nicht überstrapazieren, des- halb werden wir den „Vorwurf der Verzögerungen“ an anderer Stelle für euch näher beleuchten. Denn auch hier gibt es „Aufklärungsbedarf“...

Stay tuned... Euer GBA
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