Dienstag, 19. Mai 2020

Personalexperimente: H&M nutzt Kurzarbeitergeld, um Mitarbeiter einzusparen!



 
Langsam kehrt wieder die Normalität in die Filialen von H&M zurück, allerdings eine Normalität, die mit Zeiten vor Corona nicht zu vergleichen ist. Die Kunden kommen in den meisten Filialen in Scharen, die Umsätze sollen nach unseren Informationen in einem Großteil der Filialen trotz einer Begrenzung der Kundenanzahl weit über den Erwartungen, teilweise sogar nahe dem Vorjahresniveau liegen.

Auch wenn man es am Einkaufsverhalten der Kunden nicht anmerkt - die Pandemie ist allgegenwärtig. Deswegen hat der Gesamtbetriebsrat von H&M zahlreiche Gesundheitsschutzmaßnahmen mit H&M vereinbart. Jederzeit soll den Beschäftigten beispielsweise die Gelegenheit gegeben werden, die Arbeit zu unterbrechen. Zusatzbelastungen der Beschäftigten (beispielsweise durch eine etwaige Maskenpflicht) sind durch zusätzliche bezahlte Unterbrechungen, die jederzeit möglich sein müssen, auszugleichen. Täglich sollen die Beschäftigten zum Selbstschutz vor Corona geschult werden, sie sollen zu Vorschlägen für zusätzliche Infektionsschutzmaßnahmen motiviert werden. Zumindest auf dem Papier ein sehr gutes Ergebnis. Das durch all dies ein zusätzlicher aber notwendiger Arbeitsanfall entsteht, der in der Personalplanung zu berücksichtigen ist, interessiert H&M seit Abschluss der Verhandlungen im Arbeitsalltag nun offenbar wenig:

 

Marginale Umsatzeinbußen aber bis zu 50% weniger Personal

Wir haben sowohl von zahlreichen Betriebsratsgremien aus ganz Deutschland, als auch von einigen örtlichen Führungskräften von H&M Informationen erhalten, dass die Umsetzung dieser Maßnahmen bei der aktuellen Besetzung aufgrund von Kurzarbeit unmöglich sein soll. Dabei soll ein sowieso erhöhter Arbeitsaufwand aufgrund der Einlasskontrollen, des Gesundheitsschutzes und nur marginal geringerem Umsatz einer bis zu 50 % reduzierten Personaldecke entgegenstehen. Somit sehen viele dieser Betriebsratsgremien und Führungskräfte zur Bewältigung des Arbeitsanfalls unter Einhaltung der vereinbarten Infektionsschutzmaßnahmen eine Rückkehr aus der Kurzarbeit zur normalen Arbeitszeit für dringend erforderlich an. Diese Rechnung haben sie aber ohne die Unternehmensleitung gemacht. Nicht nur wurde uns berichtet, dass die Unternehmensleitung derartige Bestrebungen zur Rückkehr der normalen Arbeitszeit unterbunden haben soll, nun möchte H&M sogar die Kurzarbeit mit bis zu 50 % Reduzierung für mindestens die Monate Juni und Juli verlängern. Ob und wie den Beschäftigten Gelegenheit zum Arbeits- und Gesundheitsschutz gegeben wird, ist H&M dabei offenbar egal.

 

Arbeits- und Gesundheitsschutz wird mit derzeitiger Personaldecke nicht eingehalten

Dies alles wird von H&M gegenüber den Beschäftigten sogar als Wohltat verkauft – so wurde seitens H&M ein Newsletter an die Beschäftigen ausgehändigt, in welchem H&M „sich freut“ weiterhin 90 % Aufstockung anbieten zu können und nun geleistete Arbeit zu 100% vergüten möchte (letzteres ist im Übrigen eine gesetzliche Verpflichtung). Kein Wort wurde indessen darüber verloren, dass es eine weniger erfreuliche Nachricht ist, dass H&M überhaupt trotz offensichtlich fehlendem Arbeitsausfall weiterhin Kurzarbeit verlängern möchte und so Arbeits- und Gesundheitsschutz unmöglich macht. Es macht viel eher den Eindruck, dass H&M die Pandemie nun nutzt, um auf Kosten des Steuerzahlers mit Kurzarbeit Experimente durchzuführen, inwieweit eine Absenkung der Personaldecke überhaupt möglich ist.




Örtliche Betriebsräte müssen prüfen, ob ein tatsächlicher Arbeitsausfall vorliegt

Da jedoch der Arbeits- und Gesundheitsschutz aktuell wichtiger denn je ist, und nicht vor derartigen Experimenten zurücktreten kann, hat der Gesamtbetriebsrat zuletzt diese Verlängerung der Kurzarbeit als kritisch angesehen und deswegen nach der letzten Verhandlung von Kurzarbeit richtigerweise von der pauschalen Empfehlung zur Einführung von Kurzarbeit gegenüber den Betriebsratsgremien zu den verhandelten Bedingungen abgesehen.

Damit liegt es auch an den lokalen Arbeitnehmervertretungen zu überprüfen, ob örtlich überhaupt noch ein Arbeitsausfall vorliegt und das Ergebnis dieser Überprüfung sollte bei dem „Ob“ der von H&M begehrten Verlängerung von Kurzarbeit berücksichtigt werden – im Sinne der Gesundheit aller Beschäftigten!


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