Freitag, 20. November 2020

Digitalisierung: Bei H&M drohen hunderte Entlassungen - ver.di fordert Tarifvertrag zum Schutz der Beschäftigten



Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) fordert von der Modekette Hennes & Mauritz (H&M) einen Digitalisierungstarifvertrag zum Schutz der Beschäftigten. "Wir wollen, dass die Beschäftigten in Zukunftskonzepte eingebunden werden, anstatt sie aus dem Unternehmen hinaus zu drängen. Wir wollen tarifvertraglich garantierte Beschäftigungssicherung für eine gute Arbeit mit Zukunft", betont Orhan Akman, der bei ver.di den Bereich Einzel- und Versandhandel leitet. Es müsse Schluss damit sein, dass H&M unter der Leitung des aktuellen Managements die Digitalisierung gegen die eigenen Beschäftigten richte.

H&M verweigert sich bisher der Forderung nach einem Digitalisierungstarifvertrag: In einer aktuellen Sonderausgabe des unternehmenseigenen Mitteilungsblattes "Weekly News" teilt die Geschäftsleitung den "lieben Kolleginnen und Kollegen" sogar mit, "dass wir uns für einzelne Kolleginnen und Kollegen nach internen Lösungen umsehen müssen und, wo dies nicht möglich ist, in die Trennung gehen". Das Management begründet den Personalabbau damit, Kosten senken zu wollen, während gleichzeitig massiv in die Digitalisierung investiert werden solle. Betroffen sind dem Vernehmen nach rund 600 Menschen. "Damit sollen die Beschäftigten die Zeche dafür zahlen, dass H&M jahrelang die Verknüpfung von Ladengeschäften und Onlinehandel verschlafen hat", kritisiert Akman. Für Managementfehler hafte die Geschäftsführung. Es sei höchste Zeit, dass sie jetzt ihren Hut nehme. 

Der jetzt angekündigte Stellenabbau ist nur der bisherige Höhepunkt einer schon länger laufenden Welle von Filialschließungen. Seit Dezember 2017 waren bei H&M 46 Filialen mit 1.338 Beschäftigten von Schließungen betroffen. Auch das Lager in Großostheim mit 344 Kolleginnen und Kollegen wurde dichtgemacht. In drei Filialen in Stuttgart, Frankfurt und Berlin gab es sogenannte "Freiwilligenprogramme" zum Personalabbau.

Samstag, 14. November 2020

H&M GBA Info: Zum Statement des AG „Räteversammlung 2020“







 



Liebe Kolleg*innen,

die so genannte „Info“ des Labour Relations-Teams mit dem Titel „Räteversammlung 2020: Eine neue Zeit ist angebrochen“ enthält so viele Behauptungen, die die Realität verzerren, dass wir uns genötigt sehen, abermals für Aufklärung zu sorgen.

Falls noch nicht bekannt, hier erneut der Versuch einer kleinen geschichtlichen Einordnung der Forderung nach einem Digitalisierungstarifvertrag (nicht vollständig, nur ein kurzer Abriss, um eure Geduld nicht zu strapazieren):

- Seit der Bekanntgabe des Beginns der ersten Schließungswelle 2017 fordert der GBR den Arbeitgeber zu der „Übernahme sozialer Verantwortung“ auf (insbesondere bezogen auf die Übernahme von Kolleg*innen aus den betroffenen Filialen).

- Der GBR versucht abzuwenden, dass jede Filiale von H&M für sich „abgewickelt“ wird und erklärt sich für Verhandlungen eines deutschlandweiten Interessenausgleichs und Sozialplans für Schließungsfilialen zuständig, kam allerdings in der Einigungsstelle nicht weiter, weil H&M behauptet, es gäbe kein einheitliches unternehmerisches Konzept.

- Das Versagen von H&M bei der Übernahme von sozialer Verantwortung wird immer deutlicher, nicht zuletzt in der Weigerung, die Kolleg*innen aus Schließungsfilialen bevorzugt zu behandeln und sie bei freien Jobs in andere, unter anderem auch neu zu eröffnende, Filialen in der Nähe der Schließungsfilialen, zu übernehmen.

- Im Januar 2019 wird deshalb die Forderung nach einem Sozialtarifvertrag mit ver.di zur Beschäftigungssicherung durch den GBR erstmals formuliert.

- Im Rahmen des Projekts „ver.di verbindet“ erkennt der GBR, dass die Forderung nicht nur Beschäftigungssicherung enthalten muss. Es entsteht somit die Forderung nach einem „Digitalisierungstarifvertrag“.

- Im Januar 2020 fordert ver.di im Rahmen eines Spitzengesprächs H&M offiziell zu Verhandlungen über einen Digitalisierungs- tarifvertrag auf.

- Im Februar 2020 legt H&M dem GBR den „Digitalpakt“ vor und behauptet, in diesem wäre alles enthalten, was den Umsatz sichert. H&M will einzig und allein darüber und auch nur mit dem GBR verhandeln ( „Digitalpakt“: Kerninhalt ist die faktische Abschaffung und Aufweichung der Mitbestimmung des GBR im Rahmen der Einführung technischer Systeme).

Was für Verhandlungen hat der GBR abgebrochen?

Er hat Verhandlungen zu einer Rahmenvereinbarung abgebrochen, die ihm sämtliche Mitbestimmung zur Einführung technischer Systeme nehmen will. Das ist die einzige Antwort, die H&M auf unsere Forderung nach der Übernahme sozialer Verantwortung für uns hat.

Und auch an dieser Stelle erneut: Der GBR steht nicht für den Ausverkauf von Mitbestimmungsrechten zur Verfügung! Die bisher gesammelten Erfahrungen zeigen, dass Mitbestimmung vielmehr erweitert werden muss! Denn leider führt H&M zu der Frage der Beschäftigungssicherung in der Endlosschleife nur Folgendes an:

„Soziale Verantwortung übernehmen wir, indem Umsatz generiert wird und der führt zu Beschäftigungssicherung“.

Sozial ist aber nicht, was Arbeit schafft! Sozial ist, was gute Arbeit mit Zukunft schafft! Deshalb fragen wir uns, welche Art von Beschäftigung H&M genau „sichern“ will, wenn der Umsatz der EINZIGE zu setzende Rahmen ist?

Da hilft vielleicht ein Blick in die gar nicht so ferne Vergangenheit, als es so etwas wie Gewerkschaften, Tarifverträge und Gesetze zum Schutz der Interessen der Beschäftigten und ihrer Mitbestimmung nicht gegeben hat, und die Arbeitgeber ihr gesamtes Streben auf die Erreichung von Umsatz fokussieren konnten.

Verbildlicht sah das ungefähr so aus: (Bild "Die guten, alten Zeiten")

Wollen wir da wieder hin? Nein. Das wollen wir nicht!

Bemühungen in progressiven Parteien sehen im Zuge der Digitalisierung die Notwendigkeit der Erweiterung der Mitbestimmung, nicht ihre Aufweichung. Zum Beispiel, wenn es darum geht, Digitalisierung als eine grundlegendende Betriebsänderung zu verstehen. Der GBR befindet sich diesbezüglich gerade in einer Einigungsstelle.

Arbeitnehmerinteressen müssen geschützt werden. Auch und gerade in solchen Umbruchzeiten wie dem Zeitalter der Digitalisierung. Und genau das soll mittels eines Digitalisierungstarifvertrags erreicht werden.

H&M will nun diese für uns Arbeitnehmer*innen bei H&M so wichtigen Verhandlungen auf den HDE, den Arbeitgeberverband, abschieben. H&M behauptet, dass dadurch für die gesamte Branche „Standards“ entwickelt werden sollen.

Nur muss H&M dann auch sagen, wofür dieser HDE steht. Für soziale Standards in der Branche? Leider Nein!

Der HDE hat mehrere Versuche von ver.di, für die Branche soziale Standards zu schaffen (z.B. einen Branchenmindestlohn zu tarifieren, bevor der gesetzliche Mindestlohn kam), abgelehnt. Auch bei der Frage zu einem Tarifvertrag für Gute & Gesunde Arbeit haben die regionalen Verbände des HDE (in Bayern und NRW) das Vorhaben blockiert, nachdem sehr lange und intensiv dazu mit ver.di verhandelt wurde. Der HDE befördert nach wie vor Tarifflucht mit den oT*-Mitgliedschaften, zuletzt durch die Aufnahme von Amazon als oT*-Mitglied im HDE im Januar dieses Jahres. Zudem greift der HDE mit allen Mitteln den arbeitsfreien Sonntag an. Er blockiert vehement die Allgemeinverbindlichkeit der Tarifverträge. Und last but not least: In der Corona-Krise stach der HDE mit einer kompromisslosen Haltung beim Thema Kurzarbeitergeld hervor - eine deutschlandweite Aufstockung des Kurzarbeitergeldes mit Hilfe eines für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrags zur Kurzarbeit war mit diesem HDE nicht möglich!

Mit einem solchen Arbeitgeberverband ist es für uns nur schwer vorstellbar, soziale Standards für eine Digitalisierung zu setzen. Deshalb setzen wir auf direkte Verhandlungen zwischen H&M und ver.di!

Ein Digitalisierungstarifvertrag für unser Unternehmen muss her! Und zwar schnell.

Wir wollen euch heute nicht überstrapazieren, des- halb werden wir den „Vorwurf der Verzögerungen“ an anderer Stelle für euch näher beleuchten. Denn auch hier gibt es „Aufklärungsbedarf“...

Stay tuned... Euer GBA
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Donnerstag, 5. November 2020

H&M: Gesetzliche Mitbestimmung = „Geschäftsschädigung“?

 

Ein Betriebsrat soll seines Amtes enthoben werden, weil er seine Mitbestimmung wahrnehmen wollte?

Shame on you, H&M!

Schon mal was von betrieblicher Demokratie gehört? Oder um es mal mit den Worten unseres ver.di-Vorsitzenden Frank Warneke zu sagen: „Mitbestimmung gibt es nicht zum Nulltarif.“

Das gilt auch für dich, H&M! Solidarität mit dem BR H&M Düren!

 















 

Liebe Kolleg*innen,


dass H&M über Jahrzehnte ein, gelinde gesagt, schwieriges Verhältnis zur Mitbestimmung und aktiven AN Interessenvertretern hat, ist hinreichend bekannt. Auch, dass H&M Mitbestimmung und die Wahrnehmung dieser für geschäftsschädigend hält, müssen wir immer wieder erfahren.

In den Betrieben werden Wahlvorstände mit Sätzen wie: „Wenn hier ein BR gegründet wird, muss die Filiale schließen, weil sie dann nicht mehr wirtschaftlich ist.“ konfrontiert und eingeschüchtert. Betriebsräte müssen sich immer wieder den Vorwurf gefallen lassen, sie würden, wenn sie ihre Mitbestimmung wahrnehmen, Kosten verursachen und Jobs gefährden.

Erst heute, in dem Bericht des Arbeitgebers zur Betriebsräteversammlung 2020, wurde auch dem Gesamtbetriebsrat gegenüber zum wiederholten Male dieser „Vorwurf“ gemacht: Durch das Scheitern der Verhandlungen zu einem Digitalpakt, der die Aufweichung und Abschaffung der Mitbestimmung im Rahmen von IT-Einführungen beabsichtigte, habe sich der GBR „businesskritisch“ verhalten. An der Mitbestimmung festzuhalten und sich diese nicht nehmen zu lassen, schadet, laut H&M, somit dem Geschäft.

Über all das täuschen auch noch so salbungsvolle, offizielle Worte von Betriebsräteversammlungen wie „Wir bekennen uns uneingeschränkt zur Mitbestimmung“ nicht. Im Gegenteil, sie wirken realitätsfern, manipulativ und verzerrend.

Was heißt es wenn ein Arbeitgeber so agiert? Was heißt es, wenn ein Arbeitgeber sagt „Die Schleife der Mitbestimmung können wir uns nicht mehr leisten“?

Das ist nichts anderes als UNION BUSTING. Und leider haben wir bei H&M eine lange, lange Tradition des Union Bustings...

Aktuell findet diese einen weiteren traurigen Höhepunkt: Den Versuch der Amtsenthebung des Betriebsratsgremiums 293 Düren.

Was hat der Betriebsrat „verbrochen“, dass unser Arbeitgeber meint, es lege ihm gegenüber eine „grobe Pflichtverletzung“ vor, die eine Auflösung des Gremiums rechtfertigt? Er hat genau das gemacht, was das Gesetz vorsieht: Seine Mitbestimmung wahrgenommen! In diesem Fall im Rahmen der Verhandlungen zur „Betriebsvereinbarung Kurzarbeitergeld“.
Er hat sich geweigert, seinen gesetzlichen Auftrag einfach abzugeben und wollte eigenständige Verhandlungen führen!

In diesem Zusammenhang drängt sich eine weitere Frage auf.
Jetzt, wo zusätzliche Maßnahmen im Rahmen der Pandemiebekämpfung auch den Einzelhandel treffen, und nicht auszuschließen ist, dass erneut Kurzarbeit auf uns zukommt:
Soll hier etwa ein Exempel statuiert werden, wenn ein BR, der sich mit aller Kraft für die Wahrung seiner Mitbestimmung in dieser Frage eingesetzt hat, genau deshalb mit einem Amtsenthebungsverfahren konfrontiert wird?

Uns als Gesamtbetriebsrat trifft dieses Vorgehen von H&M auch deshalb so stark, da wir, obwohl nicht originär zuständig, im Rahmen der Verhandlungen zur Kurzarbeit für Betriebsräte tätig waren, die uns legitimiert hatten. Und nun wird der GBR für ein Verfahren instrumentalisiert, in dem man sich eines Betriebsratsgremiums entledigen will, das im Rahmen seiner Mitbestimmung selbst tätig werden wollte.

Wir lassen uns nicht instrumentalisieren! Wir lassen uns nicht auseinanderdividieren! Wir stehen zusammen, FÜR Mitbestimmung! FÜR den BR 293 Düren!

Und wir erinnern uns an einen anderen Versuch H&Ms, sich eines aktiven Betriebsratsgremiums zu entledigen:
Das 2011 von H&M angestrebte Amtsenthebungsverfahren gegen den BR der Filiale 680 Berlin.

Ein BR, der sich ganz besonders im Rahmen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes hervorgetan hat und genau deshalb auf die „Abschussliste“ kam.

Wir gehen fest davon aus, dass der Ausgang dieses Verfahrens kein anderer als damals sein wird. H&M wurde am 16.08.2011 vom Gericht angehalten, seine Anträge auf Amtsenthebung zurückzuziehen. Und der vorsitzende Richter C.P. Morof ließ in diesem Zusammenhang den legendären Satz verlauten: „Ohne Betriebsrat kommen wir nicht in den Himmel.“

Es wird Zeit, dass H&M diesen Satz versteht. Ohne Mitbestimmung geht es nicht. Und wir werden sie uns niemals nehmen lassen.

Für betriebliche Mitbestimmung! Für den BR 293 Düren!

Euer GBA